Donnerstag, 30. Mai 2013

bagan.

Am vergangenen Freitag fuhren wir um halb neun am Abend mit dem uns inzwischen schon bekannten Pick Up Bus zum Busbahnhof und setzten uns ab zehn Uhr in einen Bus, um die Reise nach Bagan anzutreten. Eigentlich ist Bagan nur 290 Kilometer von Mandalay entfernt, aber die Fahrt beanspruchte fuenfeinhalb Stunden. Als wir um halb fuenf am Morgen halbtot ankamen, durften wir erst einmal ins Bett und schlafen, bevor wir im Gaestehaus eincheckten mussten. Das kam uns natuerlich sehr entgegen. Allerdings wurden wir noch von einem Mann aufgehalten, der uns anbot, uns den ganzen Tag mit seiner Pferdekutsche zu den schoensten der immerhin rund 3000 Pagoden zu fahren. Die Fahrt sollte den Sonnenuntergang und das Zurueckbringen zum Gaestehaus beinhalten. Da wir muede waren und wir sowieso etwas aehnliches geplant hatten, sagten wir zu und handelten ihn auf 11000 Kyat pro Person hinunter. Ich denke der Preis war okay.
Um neun Uhr ging es dann los. Wir warteten vor dem Gaestehau, doch der Mann erschien nicht. Stattdessen fuhr sein 15 jaehriger Neffe in der Pferdekutsche vor und signalisierte uns einzusteigen.


Wir fuhren von Pagode zu Pagode, von Tempel zu Tempel und wenn ich ehrlich sein darf, ich habe schon nach kurzer Zeit gaenzlich den Ueberblick verloren. Keine Ahnung, wie viele wir sahen. In dem meisten Tempeln liefen Einheimische herum, die die Touristen mit Informationen fuettern. Sie sind wie gewohnt hoeflich und wir erfuhren vieles von ihnen, was in den Reisefuehrern so nicht verzeichnet ist. Beispielsweise teilten sie uns mit, dass die meisten Anlagen tatsaechlich Tempel sind, denn Pagoden sind besonders, da sie irgendetwas von Buddha in sich haben, wie beispielsweise die Shwedagon Pagode ein Haar Buddhas in sich birgt. Interessant fand ich vor allem, dass viele Einheimische auch deutsch sprachen und das nicht nur broeckchenweise. Aber natuerlich wurden wir am Ende dieser Touren immer zu ihren Verkaufsstaenden gefuehrt und sie praesentierten uns alle die praechtigsten Souveniere und allen moeglichen Kram, den man brauchen kann oder auch nicht.

Wir standen auf dem Dach eines Tempels und vor uns eroeffnete sich ein riesiges Feld an Pagoden und Tempeln, die historische Koeningsstadt Myanmars lag uns zu Fuessen. Das war fuer mich definitiv das Beeindruckendste.


Viele hundert Jahre wurde hier an den Ziegelsteinbauten gearbeitet und nun lag die steppenartige Landschaft vor uns, alles zum Greifen nahe. Und tatsaechlich beruehrten wir viele der Steine, die in Europa wahrscheinlich hinter Glas versiegelt waeren. Ich fuehlte mich ehrfuerchtig vor dieser architektonischen Meisterleistung.



Unser Kutscher fing gegen zwei Uhr ploetzlich an herumzuspinnen. Er meinte, nun fahren wir zur letzten Pagode und fuer den Sonnenuntergang koennten wir uns ja Fahrraeder ausleihen.  Das war es nicht, was wir abgemacht hatten! Er zeterte herum, dass das Pferd nun muede sei. Bei dem naechsten Tempel krallten wir uns den Rucksack, den wir bis dahin immer beim Kutscher gelassen haben, und machten uns einen Schlachtplan: Entweder er faehrt uns wie verabredet zum Sonnenuntergang und dann zurueck oder wir geben ihm einfach weniger Geld. Nach weiteren Diskussionen sagte er okay, wir fahren nun zum Sonnenuntergang. Wir kamen zu einem Tempel, auf den man klettern konnte und nach kurzer Zeit sammelten sich immer mehr Touristen auf dem Dach. Es dauerte noch eine Stunde bis zum Sonnenuntergang und faszinierend war, dass die Sonne dann mitten am Himmel unterging und nicht etwa am Horizont. Schade war, dass der Himmel etwas bewoelkt war, aber dennoch war es sehr beeindruckend.


Kurze Zeit darauf aber winkte schon unser pubertaerer Kutschjunge, dann er zurueck wolle. Er hatte echt die Nase voll. Wir stiegen ab und in die Kutsche und zurueck ging die Fahrt. In einem stillen Moment drehte sich Valentina zu dem Jungen und sagte: "Okay, und zu welcher Pagode fahren wir als naechstes?" Ihm sind die Gesichtszuege entglitten und Valentina und ich lachten schallend! Er stieg dann auch mit ein und wir konnten den Tag mit einem positiven Gefuehl ausklingen lassen.

Zurueck im Gaestehausfiel uns auf, dass wir kaum noch Geld haben und nicht so ganz wissen, wie wir den folgenden Tag finanzieren sollten. Am Wochenende haben die Banken natuerlich aber geschlossen. Auf die Fragte, wie wir in die Stadt kommen koennen, hiess es gleich: "Mit dem Fahrrad. Laufen ist zu weit." Ich schluckte. Dass das auf mich zukommen wuerde, habe ich fast vermutet, aber nun traf mich der Schlag doch etwas unerwartet. (Fuer die, die es nicht wissen: Seit meinem Fahrradunfall vor zehn Jahren habe ich furchtbare Angst vor dem Fahrradfahren und sass nur zwei Mal zwei Minuten wieder darauf und es war nicht so toll.) Ich atmete tief ein und aus und sagte zu Valentina: "Okay. Wir haben keine andere Wahl. Du faehrst vor und wir fahren ganz langsam. Egal." Also krallten wir uns zwei Raeder (ich nahm zufaellig das Rad Nummer 13, meine Glueckszahl) und los ging die Fahrt. Tja, es stimmt wohl, dass man Radfahren nicht verlernt. Nicht, dass ich mich besonders wohl fuehlte, aber immerhin ging die Fahrt ganz gut.
Nach kurzer Zeit hielt Valentina an, um einen Mann zu fragen, ob er etwas wisse, wo man Geld tauschen koenne. Er stellte sich als Deutscher heraus, Bernd, und er und seine Frau Ursel halfen uns weiter, indem sie uns Geld aus ihrem Portemonnaie wechselten. Nach einem kurzen Plausch luden sie uns sogar noch zum Abendessen in einem ziemlich schicken myanmarischen Lokal ein. Wir hatten echt einen klasse Abend. Zufrieden und mit vollen Maegen fuhren wir gegen halb zehn zurueck zum Gaestehau, um uns mit Decken und Schals in das Bett in dem Zimmer zu werfen, das wir vorher mit der Klimaanlage heruntergekuehlt hatten. Verstehe einer diese Logik.


Aber haha, damit nicht genug. Um 00:20 Uhr klingelte der Wecker und wir zogen uns fix Klamotten an, damit wir uns auf die Raeder schwingen konnten, um erneut zu einem Treffen mit Bernd und Ursel zu fahren und das Endspiel der Champion's League gucken zu koennen. Aehm, Moment einmal. In Deutschland kann man mich mit Fahrraedern und Fussball ueber die Landesgrenze jagen und hier, in Myanmar, am anderen Ende der Welt, stehe ich mitten in der Nacht auf, um mit einem Fahrrad zu einem grossen Fussballgucken fahren zu koennen. Okay. Das muss ich erstmal verdauen. Es dauerte nicht lange, bis ich feststellte, dass ausgerechnet das das Abgedrehteste ist, was ich hier gemacht habe. Ausgerechnet das.

Der naechste Tag verlief etwas ruhiger - in so weit man das sagen kann, da wir den ganzen Tag erneut auf Fahrraedern unterwegs waren. Wir fuhren in die winzige Stadt Nyaung U, die das wirtschaftliche Zentrum Bagans darstellte. Wir liefen ueber einen Markt und tranken Myanmar Tee. Wir sassen am Wasser herum, und fuerchteten schon, dass in den naechsten Jahren dort ein riesiges Hotel mit Strand entstehen wuerde. Es war einfach ein lockerer Tag, an dem uns niemand hetzte und wir einfach ganz ruhig durch die Gegend schlendern konnten.


Und um 18 Uhr waren wir zum Essen verabredet. In Mandalay im Gaestehaushaben haben wir zwei ganz tolle Menschen kennengelernt und uns da am Freitag schon ganz traurig verabschiedet. Mit ihnen gingen wir in Bagan dann noch einmal essen und versprachen uns, dass wir uns irgendwann, entweder in Deutschland oder irgendwo in der Welt, wiedersehen wuerden.

Und dann ging der Bus um 21 Uhr zurueck nach Bagan. Den Montag haben wir frei bekommen und konnten das erste Mal, seitdem wir hier sind, ausschlafen.
Dienstag war etwas Besonderes, denn wir haben uns mit Anne zu einem Maedelsabend mit Bier und DVD verabredet. Wir brachten The Life of Pi mit und noch bevor wir mit dem Film anfingen hatten wir schon einen in der Krone, weil Anne uns grosse Schlucke eines klaren Reisschnapses ins Bier fuellte.



Gestern gingen wir endlich zum Mandalay Hill, nachdem wir es nun drei Wochen herausgezoegert haben. Aber die Aussicht war so lala und wir waren irgendwie wenig begeistert. Schade.


Heute sollte eigentlich ein Abschiedsessen fuer uns stattfinden, bei dem wir auch mit den Jungs und Anne Spiele spielen wollten, da morgen ja schon unser letzter Tag ist. Nun ist aber diese Nacht der Bishop des Hofes verstorben und die gedrueckte Stimmung zog sich durch den Tag und der Abend wurde leider abgesagt. Aber so etwas kann man wohl einfach nicht absehen. Dann werden wir heute einen ruhigen Abend zu zweit haben und morgen dann einfach das letzte Mal hier in Mandalay zum Unterricht erscheinen. Und Samstag geht es weiter nach Bangkok in ein neues Abenteuer.


// ling